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Cradle to Cradle (C2C) im Bauwesen – darum geht’s

Lesedauer ca. 4 Minuten

Der Bausektor ist mit den Bau- und Abbruchabfällen für den größten Teil des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich. Zwar wird ein Großteil davon recycelt, allerdings nur selten hochwertig. Mit dem Ansatz Cradle to Cradle (C2C) sieht es ganz anders aus: wiederverwendbare Bauteile, hochwertiges Recycling und kaum Abfälle. Was Cradle to Cradle genau bedeutet und wie es im Bauwesen umgesetzt wird, erfährst Du in diesem Text.
Modernes Gebäude mit Fassadenbegrünung.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze:

  • Konzept: Cradle to Cradle ist ein Ansatz der Kreislaufwirtschaft, bei dem Produkte so gestaltet werden, dass alle Materialien am Ende ihrer Nutzungsdauer wiederverwertet werden können.
  • Lebenszyklusanalyse: Im Gegensatz zur Linearwirtschaft betrachtet C2C den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, von der Herstellung bis zur Entsorgung.
  • C2C im Bauwesen: Cradle to Cradle hat auch im Bauwesen Einzug gehalten, wobei Materialien und Bauprozesse darauf ausgerichtet sind, dem C2C-Prinzip zu entsprechen.
  • Vorteile: Die Vorteile von C2C reichen von Umweltschutz und Ressourcenschonung bis hin zu Kosteneinsparungen und Energieeffizienz.

Was bedeutet Cradle to Cradle (C2C)?

Cradle to Cradle beschreibt ein Konzept im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Produkte werden so designt, dass alle aufgewendeten Materialien und Bestandteile am Ende ihrer Lebenszeit wieder dem (Rohstoff-)Kreislauf zugeführt werden können. So bleiben die Ressourcen erhalten und gehen nicht als Abfall verloren.

Die Ursprünge der Cradle-to-Cradle-Bewegung gehen bis in die 1990er Jahr zurück, als der Chemiker Michael Braungart und der Architekt William McDonough die Idee eines konsequenten Kreislaufmodells entwarfen. Produkte nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip sollen nach ihrem Lebensende als Nährstoff (biologisch oder technisch) für neue Güter bereitstehen und so im Kreislauf gehalten werden. Eine Gesellschaft ohne Abfall, mit der Natur als Vorbild.

Übersetzung von Cradle to Cradle 

Den Kreislaufgedanken trägt das Cradle to Cradle Konzept bereits im Namen: ins Deutsche übersetzt bedeutet es „Von der Wiege zur Wiege“ bzw. sinngemäß „Vom Ursprung zum Ursprung“.

Lebenszyklusanalyse: Von Cradle to Gate bis Cradle to Cradle  

Im Gegensatz zur aktuell vorherrschenden Linearwirtschaft – auch als Wegwerfgesellschaft bezeichnet – bei der Gegenstände nur bis zum Ende ihrer Nutzungsdauer gedacht werden, verfolgt das Cradle-to-Cradle-Prinzip die Betrachtung des vollständigen Lebenszyklus.

Kreisförmige Grafik mit den verschiedenen Bestandteilen einer Kreislaufwirtschaft.

Cradle to Cradle stellt somit eine Erweiterung der bis dato vorherrschenden Ansätze für die Lebenszyklusanalyse (auch bekannt als Umwelt- oder Ökobilanz) dar: von Cradle to Gate über Cradle to Grave bis nun Cradle to Cradle.

Cradle to Gate – von der Wiege zum Tor

Bei der Lebenszyklusanalyse wird ein Produkt von der Herstellung bis zu einer bestimmten Grenze betrachtet. Bei Cradle to Gate (Von der Wiege zum Tor) besteht diese Systemgrenze bei der Bereitstellung des fertigen Produkts vom Hersteller. Was mit dem Produkt anschließend passiert, wird bei der Planung außer Acht gelassen. Es stellt somit den kürzesten Bewertungsweg für ein Produkt dar.

Cradle to Grave – von der Wiege zur Bahre

Cradle to Grave denkt den Ansatz von Cradle to Gate ein Stück weiter und endet mit der Entsorgung des Produkts. Wie das Produkt anschließend verwertet wird – sprich deponiert, verbrannt oder recycelt – wird bei der Planung nicht mehr betrachtet. Das führt dazu, dass die für das Produkt verwendeten Ressourcen in der Regel auf Deponien oder in Müllverbrennungsanlagen verloren gehen.

Übrigens: Cradle to Grave wird mit „Von der Wiege zur Bahre“ übersetzt. Als Sprichwort hat dieses Prinzip sogar in unseren Sprachgebrauch gefunden. 

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip im Detail

Bei Cradle to Cradle steht ein Ziel an erster Stelle: Alle Produkte sollen sowohl schadstofffrei produziert als auch zerlegt werden können, damit sie nach ihrer Nutzungszeit als neue Rohstoffe zur Verfügung stehen. Gemäß dem Namen von der Wiege zur Wiege (Cradle to Cradle) anstatt wie bisher: von der Wiege zur Bahre (Cradle to Grave).

Grundgerüst eines Gebäudes aus massivem Holz.

Das Cradle-to-Cradle-Prinzip stellt dadurch sicher, dass alle verwendeten Ressourcen (möglichst unbegrenzt) im Kreislauf gehalten werden. Je nach Ausgangsmaterial stehen dafür zwei verschiedene Kreisläufe zur Verfügung: der biologische Kreislauf und der technische Kreislauf.

Der biologische Kreislauf

Der biologische Kreislauf bezieht sich auf Verbrauchsgüter. Ihre Bestandteile können nach der Entsorgung biologisch abgebaut werden und dienen als Kompost oder nach dem Recycling als natürliche Nährstoffe für zum Beispiel Pflanzen. Diese können wiederum für die Produktion neuer Güter genutzt werden. So schließt sich der biologische Kreislauf, indem letztendlich keine Abfälle anfallen.

Der technische Kreislauf

Im Gegensatz zum biologischen Kreislauf umfasst der technische Kreislauf Gebrauchsgüter, deren Bestandteile nicht biologisch abbaubar sind. Zu diesen technischen Rohstoffen gehören zum Beispiel Metalle, Steine und Kunststoffe. Um den technischen Kreislauf zu schließen, müssen die Produkte trennbar und wiederverwendbar bzw. vollständig recycelbar sein. In diesem Fall werden die alten Produkte z. B. über Rückführungsangebote vom Hersteller zurückgenommen, demontiert, sortiert und aufbereitet, um anschließend als technische Nährstoffe für die Produktion neuer Güter bereitzustehen.

Cradle to Cradle im Bauwesen

Cradle to Cradle beschreibt einen generellen Ansatz, der mit der Betrachtung der Stoffströme alle Verbrauchs- und Gebrauchsgüter umfasst. Darüber hinaus sehen sich die unterschiedlichen Industrien und Branchen noch zusätzlichen Herausforderungen gegenübergestellt.

So ist Cradle to Cradle auch längst im Bauwesen angekommen: zunehmende Rohstoffknappheit, steigende Materialkosten, hohes Abfallaufkommen und negative Umweltauswirkungen dieses Industriezweigs sind nur einige der Gründe für den Wandel zum nachhaltigen Bauen.

Modernes, nachhaltiges Gebäude mit Glasfront und begrünten Dächern.

Die Umsetzung von Cradle to Cradle im Bauwesen beginnt bei der Planung: mit der Frage zur Herkunft der Materialien, zur Förderung der Rohstoffe, zur Produktion und Entsorgung. Produkte müssen ohne Schadstoffe produziert werden, nicht trennbare Verbundstoffe dürfen nicht zum Einsatz kommen und Naturmaterialien sollten unbehandelt bleiben. Auch sollten Fügeverfahren bevorzugt werden, die später eine einfache Demontage ermöglichen. Zum Beispiel die Verfahrensvariante „Zusammensetzen“, indem Bauteile eingesetzt, eingehängt oder ineinandergeschoben werden, anstatt verschweißt oder verklebt.

C2C: Herausforderungen für die Baubranche

Um geschlossene Kreisläufe zu schaffen, muss der Cradle-to-Cradle-Ansatz also bereits bei der Herstellung der Produkte beachtet werden. Zurzeit ist vor allem das Gegenteil der Fall: in zahlreichen Produkten sind Verbundstoffe im Einsatz, die nach der Entsorgung kaum noch voneinander getrennt werden können. Eine stoffliche Verwertung kommt häufig nicht mehr infrage, sodass der Rohstoff dauerhaft verloren geht.

Wenn der komplette Lebenszyklus der Baustoffe bei der Planung betrachtet wird, können die Produkte am Ende wiederum im Sinn des C2C-Prinzips wieder einem der beiden Kreisläufe zugeführt werden. Ohne Beschichtung oder Behandlung mit Holzschutzmitteln kann Holz zum Beispiel in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden, während Metalle, Glas und mineralische Abfälle im Rahmen des technischen Kreislaufs recycelt werden.

Eine Walze fährt auf einer frisch asphaltierten Straße. Neben dem Asphalt ist eine Unterschicht aus Schotter erkennbar.

Zwar wird bereits heute ein Großteil der mineralischen Bauabfälle wiederverwertet, aber nur mit hohem Qualitätsverlust (Downcycling). Recycelter Bauschutt aus hochwertigem Beton, Ziegeln und Co. kommt z. B. häufig nur noch als Schotterschicht im Straßenbau zum Einsatz. Für eine richtige Kreislaufwirtschaft im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips ist es von Bedeutung, dass die Abfälle hochwertig verwertet werden. Im Idealfall direkt als Sekundärrohstoff für die Neuproduktion.

Vorteile des Wiege-zu-Wiege-Konzepts

Die Vorteile von Produkten und Gebäuden, die nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip designt sind, liegen nicht nur beim Umweltschutz. Auch, wenn beim Thema Nachhaltigkeit der größte Fokus liegt: Die Ressourcenschonung und damit einhergehend der geringere Bedarf an Primärwerkstoffen senkt den CO₂-Fußabdruck deutlich.

Aber auch Kosteneinsparungen sind durch Cradle to Cradle möglich. Aufgrund der energieeffizienten Bauweise sparen die Gebäude auf Dauer Energiekosten ein – besonders in Anbetracht der steigenden Energiekosten. Und auch die Rohstoffpreise werden mit der zunehmenden Verknappung immer teurer werden. Recycelte und wiederverwendbare Bauteile und Materialien werden langfristig deutlich an Bedeutung gewinnen.

Beispiele für Cradle to Cradle im Bauwesen

Es gibt bereits zahlreiche erfolgreiche Beispiele für Cradle to Cradle im Bauwesen: von Baustoffen wie C2C-zertifiziertem Porenbeton von Hersteller Xella über Produkte wie kreislauffähige Teppichfliesen von Modulyss bis hin zu grünen Gebäuden nach dem C2C-Prinzip. Aushängeschilder für Letzteres sind zum Beispiel „The Cradle“ in Düsseldorf, das grüne Rathaus in Venlo und das kürzlich fertiggestellte C2C-Bürogebäude „Pulse“ in Berlin.

Das nachhaltige Konzept im Sinne einer Kreislaufwirtschaft überzeugt. Fortlaufend werden neue C2C-Projekte angekündigt und umgesetzt, wie aktuell auch der Entwurf für das erste Wohnhochhaus nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip zeigt. Beim „Moringa“ in Hamburg sollen mitunter Sekundärziegel und Recyclingbeton zum Einsatz kommen.

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